Wenn Facebook streikt: Wie Tom Sanders vom digitalen Chaos profitiert

Wenn große Webseiten wie Facebook oder Twitter ausfallen, wenden sich Millionen von Nutzern an Tom Sanders. Der 39-jährige Niederländer hat mit seinem Unternehmen Serinus42 ein einzigartiges Geschäftsmodell geschaffen: Er informiert auf seiner Plattform Allestörungen.de über technische Störungen im Internet – und verdient damit ordentlich Geld.

Ein Geschäft mit Fehlern

Störungen im Netz sind unvermeidlich, auch wenn Unternehmen alles tun, um diese zu vermeiden. Genau hier setzt Sanders an. Seine Website listet Störungen von mehr als 180 Anbietern, darunter Mobilfunkunternehmen, Banken und Streaming-Dienste. Wer etwa „Facebook ausgefallen“ in die Google-Suchleiste eingibt, landet oft zuerst auf Allestörungen.de.

Für Unternehmen, die auf seiner Plattform werben, ist dies eine lukrative Gelegenheit. Millionen Nutzer besuchen seine Seite jeden Monat, wenn technische Probleme auftreten. Die hohe Besucherzahl sorgt dafür, dass Sanders mit Anzeigen Geld verdient – ausgerechnet durch die Fehler anderer.

Weltweite Präsenz ohne Konkurrenz

Heute ist Sanders mit seinem Service in 25 Ländern vertreten. In Japan heißt die Plattform Downdetector, in Russland Kazhdysboy. Weltweit erreicht er monatlich fünf bis sechs Millionen Menschen, die wissen möchten, ob der Ausfall eines Dienstes sie allein betrifft oder ein generelles Problem vorliegt. Konkurrenz gibt es in diesem Bereich praktisch nicht. Deshalb wird Sanders oft als „Wettermann der digitalen Welt“ bezeichnet.

Vom Russlandexperten zum Tech-Unternehmer

Sanders‘ Werdegang überrascht: Er ist kein IT-Spezialist, sondern studierte in den 1990er-Jahren Russlandkunde. Sein Traum, in Moskau zu arbeiten, scheiterte jedoch an fehlenden Jobangeboten in seinem Fachbereich.

Stattdessen wurde Sanders Journalist und berichtete über technologische Themen. Oft rief er bei Mobilfunkanbietern an, wenn deren Netzwerke ausfielen. Doch die Antworten ließen lange auf sich warten. „Vier Stunden später kam die Rückmeldung, dass alles wieder funktioniert – das war für die Berichterstattung meist zu spät“, erinnert er sich.

Trotzdem schrieb er darüber – mit unerwartetem Erfolg. Die Artikel wurden oft und gern gelesen. „Die Leute wollen wissen, ob sie das Problem allein betrifft oder ob das ganze System spinnt. Wenn ein Unternehmen zur Rechenschaft gezogen wird, sind sie erleichtert und wollen wissen, ob wieder alles normal läuft“, erklärt Sanders.

Erfolgsrezept: Transparenz statt Schweigen

Die Transparenz, die Sanders bietet, ist in der Branche einzigartig. Unternehmen selbst geben selten technische Störungen zu, und auch auf ihren Webseiten sind solche Informationen oft nicht zu finden. Stattdessen verbreiten sich Berichte über Ausfälle in sozialen Netzwerken. Sanders erkannte diese Marktlücke und gründete seine erste Störungsplattform in den Niederlanden.

„Die Niederländer sind Weltmeister im Beschweren – ein idealer Testmarkt“, sagt er. Sein Konzept funktionierte und führte zu internationalem Erfolg.

Blick in die Zukunft

Neben der Information für Verbraucher bietet Sanders seinen Service inzwischen auch Unternehmen an, die bei technischen Problemen ihrer Kunden schnell reagieren wollen. Wie viel Geld er mit seinem Unternehmen verdient, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis.

Eine weitere Expansion plant Sanders jedoch nicht. „Wenn im Westen eine Seite nicht funktioniert, googeln die Leute wie verrückt. In Afrika dagegen geht das Leben einfach weiter“, erklärt er mit einem Schmunzeln.

Sein Erfolgsrezept bleibt dennoch universell: In einer Welt, die auf digitale Dienste angewiesen ist, wird der Bedarf an verlässlichen Informationen über technische Störungen weiter wachsen – und damit auch die Nachfrage nach Sanders‘ einzigartigem Service.