Es gibt nur wenige Marktsegmente, die so hochspezialisiert sind wie Industrie, Forschung und Entwicklung. Ob Metallschläuche, Dichtungen für Öl-Pipelines oder Kaltschweißverfahren: Die Themen sind im ersten Moment trocken – oder wie es die US-Amerikaner überspitzt sagen: „Boring Industries“. Es handelt sich um erklärungsbedürftige Lösungen. Ich denke, du weißt schon, worauf ich hinaus will: der Content-Bedarf ist enorm.
Die Frage, die bleibt, ist, wie bringen wir etwas Sex in die Angelegenheit. Oder etwas weniger provokant, wie gestaltest du deine Inhalte so, dass sie leicht verständlich sind und Einkäufer wie Entscheider abholen. Lass es uns Schritt für Schritt angehen, und starten wir mit deiner Zielgruppe.
Bei einer Buyer Persona handelt es sich um einen Idealkunden. Sind mehre Menschen in die Entscheidungsfindung eingebunden, spricht man von Buyer Center.
Wer mit Endkunden (B2C – Business to Customer) zu tun hat, hat meist eine klare Vorstellung vom Idealkunden. Diese Persona kann zum Beispiel weiblich, Mutter, Mitte 30, mittleres Einkommen und begeisterte Yoga Sportlerin sein.
Wenn Unternehmen (B2B – Business to Business) Entscheidungen treffen, ist die Angelegenheit weitaus komplexer. Am Verhandlungstisch sitzt nicht einer, sondern viele. Diese Gruppe der B2B Personas wird daher auch oft als Buyer Center bezeichnet.
Wie sieht der Entscheidungsprozess also aus und welche Personas solltest du im Auge haben?
Je nach Beschaffungsprojekt können weitere Experten in die Entscheidungsfindung hinzugezogen werden. Im Schnitt sind 6,8 Entscheider beteiligt, wobei die Anzahl mit der Investitionshöhe steigt.
Interview aus der Studie von Nicholas Toman, Brent Adamson und Cristina Gomez:
Der B2B Beschaffungsprozess ist "Einkauf auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner".
Schlussendlich bringt der jeweilige Projektmanager nicht nur seine ureigenen Entscheidungskriterien mit an den Tisch, sondern auch funktionale Ziele, an denen er selbst gemessen wird.
Die Entscheidungsprozesse sind daher unweigerlich politisch: Jeder versucht seine Partikularinteressen bestmöglich durchzusetzen. Neben all den schönen Persona Details, die uns in den Workshops so viel Spaß machen – Hobby, Humor, Hintergrund – spielen die politischen Interessen eine wesentliche Rolle. Deine drei wichtigsten Punkte, in die du wirklich Recherchezeit investieren solltest, sind daher:
Deine besten Partner bei der Entwicklung der Personas sind neben den branchenüblichen Studien, deine Kollegen mit direkten Kundenkontakt. Interviewe dein Sales und Support Team. Frage deine Projektmanager.
Eine umfassende Übersicht zur Gestaltung von Personas erhältst du in meinem Blogbeitrag Kennst du deinen Wunschkunden?
In der klassischen Customer Journey kennen wir die 6 Phasen von Erfahren (Discover) bis Austausch (Engage). Sie bildet ab, wie jemand auf ein Problem stößt, sich damit beschäftigt, nach einer Lösung sucht, schließlich eine Entscheidung trifft, das gekaufte Produkt nutzt und anschließend – im Idealfall – begeistert anderen darüber berichtet.
Aber sind wir mal ehrlich, bei Industrie-Produkten stößt der Einkauf nicht auf das Problem und Legal wird später keine Produktempfehlung aussprechen. Der Verkaufsprozess von industriellen Produkt-Dienstleistungssystemen ist wesentlich komplizierter als der Verkauf von Einzelprodukten. Bei Investitionsgütern mit einer langen Betriebsdauer kann dieser Prozess zudem langwierig sein und verläuft selten geradlinig. Im Schnitt dauert der Kaufprozess bei Investitionsgütern doppelt so lange, wie ursprünglich vom Kunden erwartet. 65% der Kunden geben an, dass sie so viel Zeit, wie sie für den gesamten Kauf erwartet hatten, damit verbracht haben, sich auf das Gespräch mit einem Vertriebsmitarbeiter vorzubereiten.
Nicholas Toman, Brent Adamson und Cristina Gomez:
Vermeide es, dich darauf zu konzentrieren, Kunden zum Kauf zu bewegen, und konzentriere dich stattdessen darauf, wie Kunden Kaufentscheidungen treffen. Dies mag wie ein kleiner Unterschied erscheinen, aber in Wirklichkeit ist es ein tiefgreifender Unterschied und grundlegend für den Erfolg der besten Praktiker.
Umso wichtiger ist es, proaktiv auf die Bedürfnisse der Stakeholder eingehen. Es gilt zunächst, den Stimulus zu kennen, warum jemand aktuell auf deine Leistung stößt. Dies kann für industrielle Produkte sein:
Als Originalhersteller (OEM) fällt schlussendlich noch eine weitere Überlegung ins Gewicht: „Wie unterscheidet sich die Customer Journey im Erstausstatter- und im Aftermarket?“ Angenommen dein Unternehmen verkauft sowohl Neuanlagen, bietet eine Servicierung an und bereitet vorhandene Anlagen auf, so sind dies drei verschiedene Geschäftsfelder.
Ich empfehle dir, je nach Geschäftsbereich eine eigene Customer Journey anzulegen. Die Kartierung der verschiedenen Customer Journeys kann dabei Verbindungen zwischen den Hauptumsatzquellen aufzeigen, aber auch verschiedene Content Bedarfe klar herausstreichen.
Folgende Phasen umfasst dabei eine typische B2B Customer Journey:
Gut gemachtes Content Marketing und ausgefeiltes Lead Management funktionieren im B2B-Bereich bedeutend besser als die klassische produktorientierte Werbung. Dabei spielen die unterschiedlichen Touchpoints (Berührungspunkte) deines Unternehmens eine wichtige Rolle.
Die Frage lautet also: „Wo kommen Kunden mit der Lösung in Kontakt?“ Und in weiterer Folge: „An welcher Station der Customer Journey befindet sich welche Persona?“ Du siehst schon, aus den hübschen kleinen Persona-Lebensläufen und den Excel Tabellen deiner Customer Journey wird jetzt eine waschechte Landkarte.
Investitionsprodukte sind erklärungsbedürftig. Schnell rutscht man in die Gefahr das Gegenüber mit Informationen zu überschütten. Auch spricht jede Persona eine andere Fachsprache. Versteht der Ingenieur auf der anderen Seite des Tisches die technischen Details noch hervorragend, so wirst du den Juristen im Entscheidungsteam mit anderen Argumenten überzeugen müssen.
Ich habe hier beispielshaft 4 Content-Formate herausgegriffen, um dir mögliche Umsetzungsbeispiele zu zeigen. Für alle gilt eine Grundregel: Überlege dir für wen, wann in der Entscheidungsphase und wo du deinen Content veröffentlichst.
Webinare sind eine hervorragende Möglichkeit, um sich vom Kostendruck klassischer Business-Events zu befreien. Zudem zeigen zahlreiche Studien, dass Webinare von Entscheiden lieber genutzt werden als live Veranstaltungen – Anreise und der damit verbundene Zeitaufwand entfallen. Für das vielgeliebte Get-together bieten Gruppen in LinkedIn und Facebook eine interessante Alternative.
Folgende Punkte sollte ein gut strukturiertes Webinar beinhalten:
Einen umfassenden Beitrag zum Thema Webinar-Strategie findest du im Blog.
Eine interessante Tatsache ist, dass 68% der Fachleute Videos für die Recherche von Lösungen bevorzugen. In der 2019 von BrightTALK durchgeführten Studie unter 8 Millionen B2B Entscheidern wurde auch erhoben, welche Inhalte bevorzugt werden:
Der Klick zu deinem YouTube Kanal ist also nicht weit. Ich empfehle dir zudem neben dem klassischen Werbevideo auch die Aufzeichnung deiner Webinare auf deiner Webseite zur Verfügung zu stellen.
Zudem eignen sich Videos hervorragend für die sozialen Medien. Sie weisen durchwegs eine höhere Engagement Rate – also Likes, Kommentare, Merken und Teilen – als übliche Text-Bild Postings auf.
Viele Projektmanager, die ursprünglich auf ein Problem gestoßen sind und eine entsprechende Lösung suchen, ist die Komplexität des Kaufprozesses bewusst. Proaktiver Content, der auf die (politischen) Bedürfnisse der einzelnen Stakeholder eingeht, ist daher definitiv sinnvoll. Ein guter Ansatz ist zum Beispiel eine Supply-Landingpage frei nach dem Motto:
Eines der Dinge, die wir aus der Zusammenarbeit mit unseren Kunden gelernt haben, ist die Beschaffungsbewertung durch das Supply-Management. Wenn sie das tun, werden sie zwei Hauptfragen haben: X und Y. Hier findest du die Antworten.
Tatsächlich ist die Leichtigkeit des Einkaufs, bei dem ein Schritt vorausgedacht, Hindernisse angesprochen und entsprechende Lösungen angeboten werden, bei weitem der größte Faktor für die Qualität der Geschäfte. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden, die einen präskriptiven, einfachen Verkaufsprozess abschließen, ihren Kauf bereuen wesentlich geringer. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder kaufen steigt verglichen zu herkömmlichen Verkaufsinteraktionen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Strukturierung der Produktinformationen nach den einzelnen Stadien des Beschaffungsprozesses.
Wesentlich in der B2B Customer Journey ist auch die Evaluations-Phase eines Projekts. Nicholas Toman, Brent Adamson und Cristina Gomez nennen diese auch die „Angst nach dem Kauf“. Ihre Untersuchungen zeigen, dass bei mehr als 40% Zweifel nach dem Kauf auftreten.
Die unkomplizierte Bereitstellung von Tipps, Vorschriften und Normen zur Handhabung zeugen nicht nur von einem hervorragenden Service, sondern stärken auch die Kundenbindung. Neben den meist sperrigen Gebrauchsanleitungen sind dabei leicht konsumierbare FAQs, Best-Practice Blogbeiträge und grafisch aufbereitete How-To Anleitungen von unschätzbarem Wert.
Interviewe deine Kollegen: „Welche Themen treten bei der Implementierung, bei der Nutzung und im Aftermarket auf?“
Binde in der Gestaltung des Contents unbedingt auch deine Industriedesigner mit ein. Du gibst deinen Lösungen damit ein Gesicht und präsentierst wertvolles Insider-Wissen mit dem du dich garantiert am Markt hervorstichst.
Im Vertrieb wird das Verhalten des Kunden intensiv beobachtet und analysiert, im Fokus steht das Was. Wichtiger ist allerdings das Warum: die Beweggründe und Motive der Entscheider.
Nicholas Toman, Brent Adamson und Cristina Gomez:
Richte deine Vertriebs- und Marketingteams eng aufeinander aus, um den Kunden von Anfang bis Ende zu unterstützen und dabei die historischen Barrieren zwischen diesen Funktionen zu überwinden. Als Ergebnis erstellen diese Unternehmen konsistente und relevante Tools, Botschaften und Anleitungen, um die Kaufreise zu gestalten und zu vereinfachen, den Umsatz zu steigern und schließlich die Kundenbindung zu erhöhen.
Das Sales Support Handbuch ist dementsprechend das letzte Kapitel in deinem Content-Portfolio. Es enthält alle oben gewonnen Erkenntnisse, heruntergebrochen auf nachvollziehbare Guidelines, häufig gestellte Fragen und Infografiken.
Wie du das Handbuch umsetzt, hängt wesentlich von deiner Infrastruktur und deinen Salesprozessen ab. Es kann digital im Intranet zu finden sein, als praktische App am Smartphone oder klassische Print-Broschüre.
Eine wertvolle Unterstützung für dein Sales Team ist auch die Implementierung der Personas, Customer Journey Phasen und Touchpoints ins CRM.
Eine regelmäßige Umfrage unter deinen Mitarbeitern mit Kundenkontakt hilft das Handbuch up to date zu halten. Zudem bietet dir diese jährliche Evaluierung wertvolle Bedarfseinblicke in die Content-Produktion auf Marketingseite.
Ich hoffe, dieser Einblick ins Thema „Content für die Industrie“ konnte dir die eine oder andere Inspiration für deine B2B Kommunikation geben!
Vorausschauende Kundenbetreuung, unterstützt durch griffbereiten Content für den jeweiligen Kontakt, erleichtern die tägliche Kundenkommunikation, schafft Kundenvertrauen und stärkt deine Themenführerschaft.
Durch ein Mapping des Verkaufs- mit dem Beschaffungsprozess deines Kunden reduziert sich die Komplexität erheblich. Deine Leistung wird greifbarer, was langfristig in der gesamten Außendarstellung deines Unternehmens erkennbar sein wird.
Anyone who deals with content marketing knows that the key to success lies in the customer journey. It's all about delivering the right content to the right person and phase in the buying cycle.
Regardless of whether your company is involved in metal hoses, seals for oil pipelines or cold welding processes, industry issues are dry at first - or as the Americans say: "Boring Industries". These are solutions in need of explanation. The demand for content is enormous.
The first step is to develop a buyer persona. However, when companies make decisions, there is not one but many at the negotiating table. This group of B2B personas is therefore often referred to as a buyer center. On average, 6.8 decision makers are involved, with the number increasing with the level of investment. The decision-making processes are inevitably political: everyone tries to assert his or her particular interests in the best possible way. The most important points to invest research time when creating personas are therefore:
In a second step the customer journey is developed. The following phases can be identified for industry:
In a third step the content is identified. The content is based on the personas and touchpoints. The question is: "Where do customers come into contact with the solution?" And in further consequence: "At which station of the customer journey is which persona?" The result is a map of your content and channels.
The fourth step is to optimize your content. Studies show that webinars, videos, supply management landingpages and after sales content are useful additions to your blog and brochures.
The fifth and final step is the creation of a sales support manual. It contains all findings, broken down into comprehensible guidelines, frequently asked questions and infographics.
Østerlund Marika, West Shaun, Stoll Oliver, Kowalkowski Christian: Using customer journey mapping to improve industrial sales and customer experience. Conference Paper, 26th EurOMA Conference, June 2019,
https://www.researchgate.net/publication/
333104181_Using_customer_journey_
mapping_to_improve_industrial_sales_and_
customer_experience
Nicholas Toman, Brent Adamson, Cristina Gomez: The New Sales Imperative. Harvard Business Review Reprint R1702J, March-April 2017,
https://hbr.org/2017/03/the-new-sales-imperative
Brent Adamson, Matthew Dixon, Pat Spenner, Nick Toman: The Challenger Customer: Selling to the Hidden Influencer Who Can Multiply Your Results. Portfolio/Penguin Group (USA), 2015
BrightTALK: 2019 BrightTALK Benchmarks. Exploring webinars und videos for content marketing and demand generation,
https://business.brighttalk.com/wp-content/uploads/2019/pdf/benchmarks-2019.pdf